Wie können Unternehmen sicherstellen, dass sie künstliche Intelligenz verantwortungsvoll, vernünftig und transparent einsetzen? Während die Europäische Union Gesetze zur besseren Regulierung der künstlichen Intelligenz erlässt, veröffentlicht Ethos ihre dritte Studie zur digitalen Verantwortung der grössten an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen. Die Studie zeigt jedoch auch, dass die Mehrheit der Unternehmen ihre Politik in diesem Bereich noch immer nicht transparent macht und schlecht vorbereitet ist, um die zahlreichen Herausforderungen im Zusammenhang mit ihrer digitalen Verantwortung zu meistern.
ChatGPT, selbstfahrende Autos, Überwachung und Gesichtserkennung: Künstliche Intelligenz stand 2023 im Zentrum der Aufmerksamkeit. Während sich die Europäische Union soeben auf eine weltweit neuartige Gesetzgebung zur Regulierung der künstlichen Intelligenz geeinigt hat, veröffentlicht Ethos zum dritten Mal in Folge eine Studie zur digitalen Verantwortung der grössten in der Schweiz kotierten Unternehmen.
Wie stellen Unternehmen sicher, dass sie künstliche Intelligenz verantwortungsvoll einsetzen? Mit welchen Strategien gehen sie gegen Datendiebstahl vor? Welche Massnahmen ergreifen sie, um den ökologischen und sozialen Fussabdruck der von ihnen eingesetzten Technologien zu verringern? Die Studie, die in Zusammenarbeit mit EthicsGrade durchgeführt wurde, untersucht die Praktiken der Unternehmen in sieben digital relevanten Bereichen: Governance, Transparenz, Datenschutz, künstliche Intelligenz, sensible Aktivitäten sowie soziale und ökologische Auswirkungen.
Die 50 grössten kotierten Unternehmen der Schweiz (SMI Expanded) hatten drei Monate Zeit, um einen Fragenkatalog von ungefähr 100 Fragen zu beantworten. Parallel dazu wurde für jedes Unternehmen derselbe Fragebogen ausgefüllt, und zwar ausschliesslich auf der Basis öffentlich zugänglicher Informationen (Websites, Geschäftsberichte, Nachhaltigkeitsberichte, Verhaltenskodizes usw.).
Gute Beispiele, die sich vervielfältigen
Die wichtigste Erkenntnis dieser dritten Studie ist, dass die Ergebnisse erneut gestiegen sind. Alle Unternehmen haben sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert. Dies beweist, dass die von der Ethos Stiftung seit 2020 unternommenen Anstrengungen im Bereich Dialog und Sensibilisierung Früchte tragen. So stieg der Durchschnitt von 22.8 Punkten (von 100) im Jahr 2022 auf 27.5 Punkte in diesem Jahr, mit einem Maximum von 91.3 Punkten für Swisscom. Im Jahr 2021 lag er noch bei 10.5 Punkten, mit einem Maximum von 39.6 Punkten für Baloise. Insgesamt erreichten im Jahr 2023 acht Unternehmen mehr als 50 Punkte, während in der ersten Studie nur drei Unternehmen mehr als 20 Punkte erreichten.
Vielleicht noch ermutigender ist die Tatsache, dass die Ergebnisse, die nur auf öffentlich zugänglichen Informationen beruhen und den Grad der Transparenz der Unternehmen widerspiegeln, ebenfalls gestiegen sind. Der Durchschnitt liegt bei 15,6 Punkten im Jahr 2023, gegenüber 11,2 Punkten im Jahr 2022 und 8,5 Punkten im Jahr 2021. Das beste Ergebnis, ebenfalls von Swisscom, liegt bei 40 Punkten, gegenüber 28,3 Punkten im Jahr 2022 und nur 18 Punkten in der ersten Studie (Adecco). Im Jahr 2023 erreichten somit 12 Unternehmen einen Wert von über 20 Punkten, basierend auf öffentlichen Informationen.
Zu den wichtigsten Fortschritten zählt, dass 39 der 50 untersuchten Unternehmen nicht nur eine Cybersicherheitsstrategie entwickelt haben, sondern auch Informationen darüber veröffentlichen. Dies sind 25 mehr als im Jahr 2021. Oder die Tatsache, dass mindestens 40 Unternehmen Massnahmen ergreifen, um die Umweltauswirkungen der von ihnen eingesetzten digitalen Technologien zu reduzieren, gegenüber nur acht im Jahr 2021. Zwei Unternehmen (Georg Fischer und Baloise) haben nicht nur einen Kodex für digitale Verantwortung verabschiedet, sondern diesen auch veröffentlicht. Damit haben sie eine der wichtigsten Erwartungen von Ethos erfüllt.
Diese Transparenz ist zwar keine Garantie für ein einwandfreies Verhalten der Unternehmen, aber sie ist dennoch unerlässlich. Sie verpflichtet nicht nur die Führungsinstanzen zur Rechenschaft und ermöglicht es, mögliche Unstimmigkeiten zwischen öffentlichen Zusagen und Handlungen aufzudecken, sie ermöglicht es Ethos auch, sich auf konkrete Beispiele - gute wie schlechte – zu stützen, um bei allen Unternehmen Best Practices zu fördern.
Wachsende Kluft zwischen gutem und schlechtem KI-Management
« Auch wenn in den letzten drei Jahren unbestreitbare Fortschritte erzielt wurden, bleibt noch viel zu tun », betont Vincent Kaufmann, Direktor der Ethos Stiftung. « Insbesondere sind die Schweizer Unternehmen immer noch sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, wichtige Themen wie Datenschutz und künstliche Intelligenz öffentlich zu kommunizieren. Es ist auch bedauerlich, dass Nestlé, Novartis und Roche, die drei grössten kotierten Unternehmen der Schweiz, trotz der Bedeutung dieser Herausforderungen, insbesondere in ihren Tätigkeitsbereichen, auch weiterhin nicht an der Ethos Umfrage teilgenommen haben ».
Am beunruhigendsten ist vielleicht die Tatsache, dass die Kluft zwischen den Unternehmen, die das Ausmass der Herausforderungen und die Vorteile einer gewissen Transparenz erkannt zu haben scheinen, und den anderen immer grösser wird. So erreichte fast die Hälfte der Unternehmen, die in dieser Studie untersucht wurden, einen Endwert von weniger als 20 Punkten. Besorgniserregend ist auch, dass nur acht Unternehmen des SMI Expanded - fünf mehr als 2021 - ethische Grundsätze für den Einsatz von künstlicher Intelligenz eingeführt haben oder angeben, dies zu tun. Oder die Tatsache, dass nur acht Unternehmen angeben, über eine Arbeitsgruppe zu verfügen, die sich mit ethischen Fragen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz befasst, und nur von einem Unternehmen öffentlich zugängliche Informationen zu diesem Thema vorliegen.
Ethos wird den Dialog mit den in der Schweiz und im Ausland kotierten Unternehmen weiterführen, damit diese nicht nur ihre Transparenz in diesen für die Zukunft so wichtigen Fragen, sondern vor allem auch ihr Verhalten in diesem Bereich verbessern.
Ethos-Studie über die digitale Verantwortung der Unternehmen 2023